Baubranche und Politik: Wo bleibt die Verlässlichkeit?

Bauen

„Wenn ich nicht weiß, wohin die Reise geht, dann warte ich erst einmal ab!“ Die Stimme meines Gesprächspartners klang dumpf, ein wenig müde und ausgelaugt. „Wissen Sie, ich würde gerne investieren, auch neue Leute einstellen, der Bedarf ist ja da, und für einige neue Energietechnologien werden aktuell auch hohe Förderungen von der Politik in Aussicht gestellt. Aber für mich als Mittelständler aus der Bauchbranche stellt sich die Frage: Wie nachhaltig sind die Rahmenbedingungen, mit denen wir arbeiten müssen? Wie sehr kann ich mich darauf verlassen und verlässlich damit planen?“ – und genau dies scheint mir in der Baubranche, bei Unternehmen wie auch Kunden, die bauen wollen, ein zentrales Problem zu sein: Dass die Verlässlichkeit fehlt …

Baubranche in Wartestellung

Vielleicht bin ich ja ungerecht, aber dann sind es auch viele Entscheider in der Baubranche, dann sind es auch viele Bauherren und Baufrauen, die in Neubauten oder in energetische Umbauten investieren wollen: Aber viel zu oft sind die politischen Maßnahmen mal hü, mal hott. Mal Start, mal Stop. In einem sehr interessanten Vortrag beim letztmonatlichen Fachsymposium „Energiezukunft gibt es bereits heute“ wurde von wenig zielführenden politischen Maßnahmen und einer aktionistischen Symbolpolitik gesprochen. Zwar sei sie sich der Dringlichkeit der Eindämmung der Folgen des Klimawandels bewusst und zollt dieser Dringlichkeit mit einem verschwenderischen Kapitaleinsatz Tribut. Aber unterm Strich sind zum einen alle Energie und viel Geld in einem global wirkungslosen Klein-Klein verschwendet. Und zum anderen wird eben die Baubranche durch dieses ständige unzuverlässige Hü und Hott und das bürokratische Klein-Klein behindert.

Ja, vielleicht bin ich ungerecht, aber es tut mir in der Seele weh, unsere Branche so in Wartestellung zu sehen, denn gerade hier ist so viel Know-how vorhanden, um wirksamen Maßnahmen zu treffen. Leider wird dieses Know-how, werden die Stimmen der Fachleute, zu wenig gehört …

Das Damoklesschwert der Baubranche 

Unzuverlässigkeit ist in der Baubranche ein No-Go. Diese kann sich kein Bauunternehmer leisten, kein Unternehmen, auf dessen Lieferungen, auf deren Quantität und Qualität so viele Firmen und Menschen bauen. Um so schlimmer ist es, wenn über der Baubranche ständig dieses Damoklesschwert hängt: Planungsunsicherheit. Und viel zu viele Maßnahmen, denen der Sinn und der Verstand fehlt, die gut gemeint sind, aber leider nicht gut gemacht. 

Ich denke, dass dort, wo unsere Politik an unserer Zukunft baut, zu wenig Wissen vorhanden ist, um zum Beispiel für die Baubranche Rahmenbedingungen zu geben, die sowohl gut für das Klima sind, als auch gut für die Menschen, für die Branche, für die Existenzen. Und das scheint mir nicht nur in unserem Feld so zu sein. Nichtwissen – das scheint mir ein Grund für dieses Aktionistische zu sein, das Hü und Hott. 

Meiner Meinung nach sollten die Experten mehr einbezogen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten, die Innovationen, im Blick haben. Weil sie den Nutzen für die Menschen im Blick haben. Weil diese Branche offen ist – und die Probleme ohne Ideologie angeht.

Mein Gesprächspartner klang dumpf, ein wenig müde und ausgelaugt, als wir über die Verlässlichkeit der Politik und der Rahmenbedingungen sprachen. Aber seine Augen leuchteten, seine Stimme wurde klar und lebhaft, als er über die Möglichkeiten sprach, die er noch für sich und die Baubranche sieht, die er gerne verwirklichen würde. Da war Stolz in seiner Stimme, ich konnte spüren, wie sehr er für sein Unternehmen brannte. Und ich denke, das ist etwas Wichtiges, was wir uns nicht nehmen lassen sollten: unseren Stolz und unsere eigene Energie.

Michaela Waldecker

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